Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines verteilten Energiemanagementsystems, mit der sich eine Vielzahl dezentraler Energieumwandlungsanlagen (DEA) unter Berücksichtigung technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Randbedingungen in ein regionales Netz integrieren lassen, so dass die zur Verfügung gestellte Leistung auch der Netzregelung zugänglich wird. Die Simulation des dezentral organisierten Energieversorgungsnetzes soll durch ein Multiagentensystem realisiert werden, das auf einem verteilten adaptiven sicherheitskritischen Realzeit-Betriebssystem basiert. Es soll hierdurch der Nachweis geführt werden, dass die Führung einer Vielzahl kooperierender, inkompatibler Systeme im stabilen Betrieb möglich und hinsichtlich Preis bzw. bereitgestellter Energie günstiger ist als bei zentraler Führung. Dabei sind die konfligierenden Zielfunktionen der unterschiedlichen Akteure im liberalisierten Energieversorgungssystem zu optimieren und in ein stabiles Gesamtsystem zu integrieren.
Aufgrund steigender Preise für die klassischen Primärenergieträger (Kohle, Erdöl, Uran, etc.) und erhöhtem Umweltbewusstsein auf Seiten der Verbraucher steigt der Bedarf an einer Erweiterung der Primärenergiebasis um alternative Energiequellen [1] [2], aber auch an einer effizienteren Nutzung bereits genutzter klassischer Energieträger. Im Bereich der Wärmeversorgung findet die Umwandlung in Nutzenergie bereits dezentral und in unmittelbarer Verbrauchernähe statt [3]. Hier verspricht ein Kraft-Wärme-Kopplung eine Steigerung der Effizienz der Primärenergienutzung von bis zu 20%.
Regenerative Energiequellen, wie Sonne oder Windkraft sind in der Breite verfügbar, besitzen jedoch, verglichen mit den klassischen Primärenergieträgern nur eine geringe Leistungsdichte. Um einen nennenswerten Beitrag zur Energieversorgung leisten zu können, muss die Nutzung regenerativer Energiequellen dezentral und in größerer Anlagenzahl erfolgen und kann nicht wie bisher allein durch zentrale Versorger geleistet werden.
Die vorhandene Versorgungsinfrastruktur für elektrische Energie ist hierarchisch in 4 großen Spannungsebenen organisiert. Der größte Teil der Einspeisung findet dabei durch eine Vielzahl von Großkraftwerken auf der Transportnetzebene (380/220kV) statt, welches auch den großflächigen UCTE-weiten Leistungsausgleich herstellt. Von der Transportebene ausgehend werden über die Hoch-spannungsebene (110kV) die städtischen Verteilnetze gespeist. Auf diesen beiden Ebenen handelt es sich um vermaschte Netze. Vom Hochspannungsnetz ausgehend erfolgt die weitere Versorgung ins Mittel- (1-60kV) und Niederspannungsnetz (0,4kV) über strahlenförmig betriebene Netze. Die Einspeisung regenerativer Primärenergien erfolgt auf diesen beiden strahlenförmig betriebenen Mittel- und Niederspannungsnetzen. Dies stellt bisher völlig neuartige Anforderungen an das elektrische Verteilnetz.
Die Probleme beginnen bei der Parametrierung der Schutztechnik, der Erkennung von Netzfehlern, Gewährleistung der Spannungsstabilität (Flicker und Spannungsgrenzwerte), Betriebssicherheit, etc. Aufgabenstellungen an die Betriebsführung, die bisher nur in Transportnetzen relevant waren, werden somit auch vermehrt in Verteilnetzen von Bedeutung sein.
Im bisherigen Betrieb verteilter Energieumwandlungsanlagen, erfolgt die Energieeinspeisung ungeregelt, lediglich beeinflusst durch die momentane Verfügbarkeit der des Primärenergieträgers (Sonne, Wind, etc.). Hierdurch entstehende Schwankungen in der Einspeiseleistung müssen von regelbaren Kraftwerken kompensiert werden. Diese regelbaren Kraftwerke nutzen hauptsächlich fossile Ressourcen, da kurzfristig verfügbar. Je größer der Beitrag der regenerativen Energieeinspeisung wird, umso mehr Reserveleistung muss vorgehalten werden. Um diesen erhöhten Bedarf an Reserveleistung kurzfristig bereitstellen zu können (hoher Leistungsgradient), müssen konventionelle Kraftwerke im Teillastbetrieb gefahren werden, wodurch die Wirkungsgrade hier deutlich sinken (bis zu 20%, z.B. Gasturbinen) [4].
Aus diesem Grund kann eine solche Einspeisestrategie mittelfristig nicht mehr beibehalten werden. Die Lösung: Regenerative Energieumwandlungsanlagen müssen befähigt werden, selbst an der Reserveleistungsbereitstellung teilzunehmen.
Hierfür ist ein koordinierter Betrieb der Einzelanlagen untereinander nötig, um die Gesamtschwankungsbreite der Leistung zu reduzieren und die Vorhersagbarkeit zu erhöhen (Verstetigung der Lastkurven einzelner Teilnetze). Kurzum das Netz muss intelligent werden, um sich diesen neuartigen Anforderungen erfolgreich stellen zu können!
Die einzelnen Betriebsphasen sind:
Die Verhandlungen sind eingeteilt in Verhandlungsperioden (über alle Spannungsebenen hinweg), diese wiederum in Verhandlungszyklen (Verhandlungen pro Spannungsebene), welche in Verhandlungsrunden unterteilt sind, in denen Konsumenten(-Agenten) und Produzenten(-Agenten) gegenseitig Gebote für Energiemengen abgeben. Konsumenten und Produzenten, die nicht innerhalb der letzten Verhandlungsrunde erfolgreich waren, passen ihre Preise gemäß ihrer Dringlichkeit (Parameter: urg0) und individuellen Strategie (Strategieparameter: s1/t1 und s2/t2) an, um so die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Verhandlung in der darauf folgenden Runde zu erhöhen. Die hieraus entstehenden Verhandlungskurven sind charakterisiert durch die nebenstehenden Funktionen.
Agenten, die am Ende eines Verhandlungszyklusses keinen Vertragspartner gefunden haben, werden an den Gruppen Manager(-Agenten) der nächsten Spannungsebene weitergereicht [WLH06a]. Die nebenstehende Abbildung veranschaulicht die Verhandlungen innerhalb eines Verhandlungszyklusses, bestehend aus 10 Verhandlungsrunden (Erfolgreiche Agentenpaarungen sind rot markiert). Den oben genannten Funktionen entsprechend, passen sowohl Konsumenten, als auch Produzenten ihre (An-) Gebote nach jeder erfolglosen Verhandlungsrunde an.
Treffen sich ein Konsumenten/Produzenten Paar, sind drei mögliche Situationen zu unterscheiden [WLH06b]. Erstens: Das verhandelte Angebot des Produzenten entspricht exakt der benötigten Energiemenge des Konsumenten (Fälle: 1, 5, 6). Zweitens: Das Angebot übersteigt die benötigte Energiemenge (Fall: 2). Drittens: Die angebotene Energiemenge des Produzenten kann die Nachfrage nicht decken (Fälle: 3, 4). Die zweite Abbildung ist ein Screenshot des Verhandlungsmonitors der tatsächlich beim Gruppen Manager (Agenten) stattfindenden Verhandlungen. In dem vorliegenden Szenario (Verhandlungszyklus über 10 Verhandlungsrunden) haben 300 Agenten (150 Verbraucher und 150 Produzenten) miteinander verhandelt. Die Energieproduktion innerhalb des Koordinationsbereiches übersteigt den Bedarf aller Verbraucher. Die überschüssigen Angebote der nicht verhandelten Produzenten werden Gruppen Manager auf die nächst höhere Verhandlungsebene weiter gereicht.
[1] Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
[2] Weltenergiestatistik, BP, Stand Juni 2005
[3] Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung, Projekt Nr. 17/02 Abschlussbericht
[4] Endbericht Energiesysteme der Zukunft, Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), Projektnummer 807717, 2005