Sprungmarken

Servicenavigation

Hauptnavigation

Sie sind hier:

Hauptinhalt

Diplomarbeit

KDynamische Zielführung in innerstädtischen Straßennetzen durch die dezentrale Bereitstellung von Verkehrsinformationen

Sven Böttcher

Problembeschreibung

Innerstädtische Bereiche sind häufig von einem hohen Verkehrsaufkommen und damit verbundenen Beeinträchtigungen im Verkehrsfluss betroffen, wodurch Zeitverluste für den einzelnen Verkehrsteilnehmer entstehen. Eine Möglichkeit, um die Fahrzeit des individuellen Verkehrsteilnehmers bei auftretenden Verkehrsstauungen zu optimieren, besteht in der dynamischen Zielführung. Ein Beispiel für ein dynamisches und insbesondere skalierbares Verkehrsroutingsystem stellt das am Lehrstuhl III entwickelte BeeJamA-System [10] dar.

Konventionelle dynamische Zielführungs- bzw. Navigationssysteme können durch Verkehrsinformationsdienste bereitgestellte Verkehrsmeldungen empfangen. Dadurch kann auf während der Fahrt gemeldete Verkehrsstauungen reagiert und gegebenfalls auf eine weniger belastete Strecke ausgewichen werden. Neben der gegebenen Verkehrsinfrastruktur und Verkehrsnachfrage haben die zur Verfügung stehenden Verkehrsinformationen einen entscheidenden Einfluss auf die realisierbaren Fahrzeitverkürzungen bei auftretenden Verkehrsbeeinträchtigungen [4].

Die am häufigsten zur dynamischen Navigation benutzten Verkehrsinformationen werden durch öffentlich-rechtliche Anbieter kostenlos zur Verfügung gestellt und durch Rundfunkanstalten über den Traffic Message Channel (TMC) übertragen. Die Verkehrsmeldungen beschränken sich aber zumeist auf übergeordnete Straßen, da die benötigten Daten durch fest installierte Sensoren erhoben werden und eine flächendeckende Erfassung mit hohen Kosten verbunden ist. Des Weiteren treffen die Verkehrsinformationen oft mit einer großen Verzögerung bei den Verkehrsteilnehmern ein, was darauf zurückgeführt werden kann, dass die Meldungen vor der Ausstrahlung in einer Reihe von Zwischenschritten manuell bearbeitet und geprüft werden [4,8]. Dies ist problematisch, da ein Zusammenhang zwischen dem Aktualisierungsintervall der Verkehrsmeldungen und den erreichbaren Fahrzeitverkürzungen in Abhängigkeit von der Penetrationsrate dynamisch navigierter Fahrzeuge besteht. Wird eine große Anzahl von Fahrzeugen in gleicher Weise "`geroutet"', kommt es zu Konzentrationen und damit zu Stauungen auf bestimmten Strecken, was zu einer Verschlechterung der Gesamtfahrzeiten führen kann. Dieser Effekt lässt sich durch die Bereitstellung von hoch aktuellen und flächendeckenden Verkehrsinformationen abschwächen, da neu entstehende Verkehrsstauungen zeitnah erkannt werden und so eine entsprechend schnellere Reaktion möglich ist [7].

Lösungsvorschlag

Eine Möglichkeit, um flächendeckende Verkehrsinformationen zu erheben besteht darin, im Verkehrsfluss befindliche Fahrzeuge als mobile Sensoren zu Nutzen. Die Fahrzeuge erheben dazu in regelmäßigen Abständen mittels geeigneter Sensorik Daten, wie die eigene Position oder Geschwindigkeit (Floating Car Data), und übermitteln diese über einen Kommunikationskanal (z.B GSM) an eine Verkehrsrechnerzentrale. Hier werden die Daten automatisch ausgewertet und der jeweilige Verkehrszustand rekonstruiert (Ein Beispiel stellt der TMCpro Dienst dar. Hier werden die "`Floating Car"' Daten mit den Daten stationärer Sensoren kombiniert; die Verkehrsanalyse erfolgt vollautomatisch [1]) [3]. Zur flächendeckenden Bereitstellung von Verkehrsinformationen wird allerdings eine große Fahrzeugflotte benötigt, wodurch es zu einer entsprechenden Flut von zu verarbeitenden Daten auf den zentralen Rechnern der Auswertungsstelle kommt. Um die Daten in möglichst kurzer Zeit verarbeiten zu können, wird eine hohe Rechenkapazität benötigt. Zudem entstehen Kosten für die Kommunikation zwischen der Verkehrsrechnerzentrale und den Verkehrsteilnehmern. Mit steigender Teilnehmerzahl steigen demzufolge auch die Gesamtkosten zur Informationsgenerierung.

Ein solches System lässt sich durch die Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikation auch dezentral realisieren, wodurch weder Kosten für die Kommunikation noch für zentrale Einrichtungen entstehen. Des Weiteren geht keine Zeit für die Auswertung der Daten innerhalb einer Verkehrsrechnerzentrale verloren, da die Verkehrsanalyse direkt in den Fahrzeugen erfolgt. In [5,9,11,12] werden verschiedene Vorschläge für dezentrale Verkehrsinformationssysteme vorgestellt. Wie in den zentral organisierten Floating-Car-Data Systemen erheben die Fahrzeuge verkehrsrelevante Daten. Diese werden zusammen mit bereits bekannten Verkehrsinformationen durch ein einfaches Broadcastverfahren an andere Fahrzeuge gesendet. Fahrzeuge die eine entsprechende Nachricht empfangen, können auf Basis der neu empfangenen und der bereits aufgebauten "`Wissensbasis"' eine Verkehrsanalyse durchführen. Die daraus resultierenden Informationen werden wiederum mit den selbst erhobenen Daten an andere Fahrzeuge gebroadcastet und so weiter. Die Nachrichten können dabei entweder direkt von den nachfolgenden Fahrzeugen empfangen oder durch entgegen kommende Fahrzeuge transportiert werden. Dadurch breiten sich die Informationen entgegen der Fahrtrichtung aus, so dass nachfolgende Fahrzeuge Informationen über den voraus liegenden Verkehrszustand erhalten und gegebenenfalls durch eine entsprechende Routenänderung auf Beeinträchtigungen im Verkehrsfluss reagieren können. %Allerdings wurde bisher nicht untersucht, wie sich ein dezentrales Verkehrsinformationssystem zur dynamischen Navigation in innerstädtischen Straßennetzen einsetzen lässt und welche Auswirkungen ein solches System auf den Verkehr hat. Während im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte bereits verschiedene Ansätze für dezentrale Verkehrsinformationssysteme entwickelt wurden, wurde bisher nicht untersucht, welche Auswirkungen ein solches System auf den innerstädtischen Verkehr hat. Insbesondere stellt sich die Frage, ob sich durch die dezentrale Verbreitung von Verkehrsinformationen und einer darauf basierenden dynamischen Zielführung Fahrzeitvorteile realisieren lassen, oder ob es lediglich zu einer Verlagerung der Verkehrsstauungen kommt (Ping-Pong-Effekt).

Aufgabenstellung

Im Rahmen der Diplomarbeit wird, unter der Berücksichtigung existierender Ansätze, ein Vorschlag für ein dezentrales Verkehrsinformationssystem für dynamische Navigationssysteme erstellt und mittels einer Verkehrssimulation untersucht, welche Auswirkungen ein solches System auf den innerstädtischen Verkehr hat. Neben den Auswirkungen auf den Gesamtverkehr ist insbesondere zu analysieren, ob sich Vorteile für Kurier-, Express- und Paketdienstleister ergeben können. Für diese logistischen Dienstleister sind Verkehrsstauungen in innerstädtischen Bereichen besonders problematisch, da ein Großteil der Transportleistungen in Innenstädten erbracht werden und Verkehrsstauungen zu steigenden Transportkosten führen.

Dazu werden zunächst die Grundlagen der dynamischen Zielführung, Probleme existierender Verfahren, sowie der BeeJamA-Algorithmus beschrieben. Des Weiteren werden die Grundlagen der Fahrzeug-zu-Fahrzeug Kommunikation dargestellt, existierende Ansätze für dezentrale Verkehrsinformationssysteme vorgestellt und diese hinsichtlich der Anwendbarkeit zur dynamischen Zielführung in innerstädtischen Straßennetzen analysiert. Darauf aufbauend wird ein System vorgeschlagen und für die Simulation in ein Generisches Routing Framework (GRF) integriert, welches zur Zeit im Rahmen des BeeJamA-Projekts am Lehrstuhl III entwickelt wird. Das GRF dient als einheitliche Schnittstelle zwischen (dynamischen) Routingsystemen und einem (beliebigen) Verkehrssimulator, mit dem Ziel die Auswirkungen verschiedener Routingsysteme auf den Straßenverkehr unabhängig von einem bestimmten Verkehrssimulator analysieren und diese miteinander vergleichen zu können. So kann beispielsweise das zu entwickelnde dezentrale Verkehrsinformationssystem in unterschiedlichen Verkehrssimulationsumgebungen und für den Einsatz von dynamischen Routingalgorithmen verwendet werden.

Um eine möglichst realistische Simulation zu ermöglichen, wird das GRF dahingehend erweitert, dass neben den Fahrzeugen selbst auch die Kommunikation zwischen diesen simuliert werden kann. Zur Zeit ist lediglich ersteres möglich, wobei das GRF nicht an einen bestimmten Verkehrssimulator gebunden ist. Zur Simulation des Straßenverkehrs wird SUMO (Simulation of Urban Mobility) [6] verwendet, da für diesen Verkehrssimulator ein realistisches Verkehrsszenario für die Stadt Köln existiert. Die Simulation der Kommunikation zwischen den Fahrzeugen wird auf JiST/SWANS [2], einem diskreten und ereignisbasierten Netzwerksimulator, basieren. Durch die Erweiterung des GRF wird es in Folgearbeiten möglich sein, auch den BeeJamA-Algorithmus unter realistischeren Bedingungen zu testen (z.B. Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Navigatoren).

Literatur

[1] Freie Fahrt mit TMCpro und HD-Traffi, 11 2008. http://www.rfe-online.de/fileadmin/rfe/_upload/pdf/freieArtikel/rfe-2008-11_22_verkehrsinformationen.pdf.

[2] Rimon Barr. SWANS - Scalable Wireless Ad hoc Network Simulator.

[3] Ulrich Fastenrath. Floating Car Data on a Larger Scale.

[4] Urte Helling. Fahrzeit- und Informationsvorteile durch Dynamische Zielführung. Der Einfluß der Verkehrsmeldequalität unter Beachtung von Netzauslastung und Alternativrouten. PhD thesis, Universität Duisburg-Essen, 2006.

[5] M. Jerbi, S.-M. Senouci, T. Rasheed, and Y. Ghamri-Doudane. infrastructure-free traffic information system for vehicular networks. In Proc. VTC-2007 Fall Vehicular Technology Conference 2007 IEEE 66th, pages 2086-2090, 2007.

[6] Daniel Krajzewicz and Michael Behrisch. Sumo - simulation of urban mobility - user guide.

[7] Irina Matschke. Ein uss dynamischer Navigation auf das Verkehrsgeschehen in städtischen Straßennetzen. PhD thesis, Gottfried Wilhelm Leibnitz Universität Hannover, 2007.

[8] Horst Mehl. Mobilfunk-technologien in der verkehrstelematik. Informatik-Spektrum, 19:183-190,1996.

[9] Tamer Nadeem, Sasan Dashtinezhad, Chunyuan Liao, and Liviu Iftode. TrafficView: traffic data dissemination using car-to-car communication. SIGMOBILE Mob. Comput. Commun. Rev., 8(3):6-19, 2004.

[10] Horst F. Wedde and Sebastian Lenhoff. Highly Dynamic and Adaptive Traffic Congestion Avoidance in Real-Time Inspired by Honey Bee Behavior. 2007.

[11] L. Wischof, A. Ebner, H. Rohling, M. Lott, and R. Halfmann. Sotis - a self-organizing traffic information system. In Proc. VTC 2003-Spring Vehicular Technology Conference The 57th IEEE Semiannual, volume 4, 2003.

[12] A. K. Ziliaskopoulos and J. Zhang. A zero public infrastructure vehicle based traffic information system, 2003.